Rezension Nr. 11 – Die Sommer von Ronya Othmann

Ronya Othmann – Die Sommer

ISBN: 978-3-446-26760-2 | 2. Auflage 2020 | Hanser Verlag


Der* Autor*in ist ein sehr beeindruckendes Buch gelungen. In seiner Sprache schafft der Roman es, eintauchen in das Lebensgefühl eines Menschen der zerrissen ist zwischen Lebenswelten in Europa und der Heimat des Vaters in den kurdischen Gebieten von Syrien, in die die Protagonist*in jeden Sommer in ihrer Kindheit reist. In das Dorf der Grossmutter, mit all den Sehnsuchtsorten, -gefühlen und -menschen, sowie der Geschichte von Unterdrückung und Vertreibung der êzîdîschen Bevölkerung, zu denen sich die Protagonist*in nie richtig zugehörig gefühlt hat – oder eben gerade doch. In ihrer* klaren und gleichzeitig sehr bildhaften Sprache schafft es die* Autor*in die Leser*innen in den Bann zu ziehen, auf dem Weg der Protagonist*in von den Sommeraufenthalten als Kind, dem Aufbruch in der Jugend und dem Infragestellen von Zugehörigkeiten.

So gut nachvollziehbar wird das pubertäre Empfinden der Protagonist*in in der deutschen Provinz mit ihrem* Versuch der Distanzierung von ihrer* êzîdîschen Herkunft mit der sie ständig durch den Vater, der stundenlang das kurdische Fernsehen verfolgt, konfrontiert wird. Und gleichsam folgt ein Aufatmen mit der weiteren Entwicklung der Protagonist*in, welches durch die Geschehnisse im syrischen Bürgerkrieg ausgelöst wird und dem sich die Protagonst*in nicht weiter entziehen kann, da es sie unmittelbar berührt. Nicht mehr nachvollziehbar wird das Desinteresse ihrer deutschen Freund*innen und immer mehr entzieht sich ihr* Zugehörigkeitsgefühl zu dem von haltlosen Belangen geprägten Leben ihres Freund*innenkreises mit den daraus folgenden notwendigen und im Roman so eindrücklich erschlossenen Konsequenzen.

Der* Autor*in ist zweifellos ein sehr grosser Wurf gelungen und ich wünsche mir dass alle Menschen in der europäischen Komfortzonen diesen Roman lesen!