Rezension Nr. 14

Inna Barinberg; Mehr ist Mehr – Meine Erfahrungen mit Polyamorie
edition assemblage – 2020 – ISBN 978-3-96042-089-7 

Soeben fertig gelesen, vorgestern angefangen und verschlungen. Das Buch von Inna ist ein wunderbar einfach zu lesender Einstieg in das Thema Polyamorie. Dabei beleuchtet Inna als non- binäre, queere Person unterschiedliche Aspekte der Polyamorie wie Abmachungen, Eifersucht, Kind, mental health und viele andere. Durch die knapp 140 Seiten bin ich förmlich geflogen.

Es liest sich flüssig und ist ein schöner Einblick in ein Phänomen, das auch in linken Kreisen wenig praktisch gelebt wird. Es ist empowernd zu lesen, dass es bei anderen Menschen gut funktioniert und dabei Erfahrungen vermittelt zu bekommen, was in deren Fall gut und was weniger gut funktioniert hat. Das heisst nicht, dass es bei einer*m selbst dann auch so klappt. Aber es ist schon einmal ein Anhaltspunkt und eine Idee, was möglich sein könnte. Am Ende muss jede*r für sich selbst entscheiden, was sich richtig anfühlt und was die Ansprüche an das eigene Beziehungsmodell sind. 

Für mich als Person, die seit Jahren offene Beziehungsmodelle praktiziert, darin aber ein Shift stattfindet, war es eine grosse Hilfe, andere Möglichkeiten zu denken. Die eigenen Erfahrungen wiederzufinden und Wege aufgezeigt zu bekommen, wie mensch mit bestimmten Schwierigkeiten umgehen kann. Und doch denke ich, dass das Buch wohl auch gut ist für Menschen, die ein monogames Beziehungsmodell leben, sich einfach weiterbilden wollen oder an einer Veränderung interessiert sind.

Inna beantwortet die Fragen, die zunächst auftauchen- wie geht es organisatorisch, wie kann ich mit meiner Eifersucht umgehen und was ist der Unterschied zwischen einer offenen Beziehung und polyamourösen Beziehungen?
Es bleibt ein Erfahrungsbericht und recht an der Oberfläche, sonst hätte es nicht auf die 140 Seiten gepasst. Es ist jedoch ein wunderbarer Einblick in eine diverse Realität, der Spass und Lust macht, sich damit auseinanderzusetzen.
Danke Inna für dieses Buch, es hat mir gerade sehr geholfen meine derzeitige Situation mit ein bisschen Ruhe und weniger Aufregung zu betrachten. Möge es auch anderen zu einer passenderen Beziehungsform helfen. Viel Spass beim Lesen!

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Zuerst dachte ich, ok, wieder mal ein Buch über Polyamorie. Wahrscheinlich will mir di*er Autor*in wieder mal weis machen, dass es gar nicht schwierig ist. Dass die Eifersucht unnötig ist und überwunden werden muss. Wahrscheinlich wieder mal ein Buch das beschreibt, wie einfach es ist, durch Polyamorie zum persönlichen „and they lived happily ever after“ zu finden.

Doch Inna Barinbergs Buch „Mehr ist Mehr“ ist anders. Zuerst ein bisschen oberflächlich, erzählt Inna in späteren Kapiteln sehr offen und ehrlich von Innas eigenen Erfahrungen mit Polyamorie. Davon, dass es manchmal unglaublich schwierig ist. Und schmerzt. Und die Eifersucht einem manchmal auch nach Jahren noch umhauen kann. Und dass es trotzdem wunderschön und bereichernd sein kann, mehrere Menschen gleichzeitig zu begehren und/oder zu lieben.

„Mehr ist mehr“ ist mit knapp 140 Seiten kein dicker Wälzer und ist durch den persönlichen Erzählstil Innas einfach zu lesen. In den verschiedenen Kapitel beleuchtet das Buch unter anderem die Themen Kommunikation, Zeitmanagement, Eifersucht, Kinder bekommen im Polykül und psychische Gesundheit. „Mehr ist mehr“ gibt Einblicke in ein Polykül, ohne den Anspruch zu haben, die allgemeine Wahrheit über Polyamorie zu vermitteln. Ein sehr lesenswertes Buch, sowohl für Menschen mit und ohne Polyamorie Erfahrung.

Mir hat das Buch sehr gut getan. Vor allem die undogmatische Art Innas und die Ehrlichkeit auch über eigene Schwierigkeiten zu schreiben, habe ich sehr geschätzt. Ich empfand ich es als sehr positives Buch, das auch Mut macht, immer wieder in Auseinandersetzung zu gehen (auch und vor allem mit sich selbst).