Rezension Nr. 19

Parrella Valeria
Versprechen kann ich nichts

Hanser – 2021 – ISBN 978 3 446 26919 4

Einen Roman, der in einem Jugendgefängnis spielt, gibt es nicht allzu häufig. Der dazu auch noch angepriesen wird, sich auch kritisch mit dem Thema Knast auseinander zu setzen, noch viel seltener. Deshalb war ich schnell überzeugt, das Buch zu lesen. 

Erzählt wird die Geschichte einer Lehrerin, die in einem Jugendgefängnis in Süditalien arbeitet. Dabei bahnt sich eine freundschaftliche Beziehung zu einer jungen Frau an, die zu mehreren Monaten Gefängnis verurteilt worden war. Die Realitäten und Geschichten der beiden Frauen sind dabei wie aus verschiedenen Welten. Dies spiegelt sich nicht nur im Zynismus der Lehrerin im Kontrast zur Offenheit der jungen Frau wider.
Die Annäherung der beiden ist dabei wunderschön erzählt, in einer Sprache, die so zauberhaft ist, dass ich mir während des Lesens vorgenommen habe, extra langsam zu lesen, um etwas länger die nur 136 Seiten geniessen zu können.
Und doch habe ich es an einem Nachmittag gelesen, die letzten 20 Seiten für den nächsten Tag aufgespart- mit grosser Vorfreude.
Es lohnt sich wirklich, dieses Buch langsam zu lesen und Valeria Parellas Sprache Raum zu lassen. Immer wieder schafft sie es wunderbar poetische Sätze zu bilden, ohne dabei kitschig zu werden.

Ein paar kleine Stiche blieben jedoch zurück- so ist der Zynismus der Lehrerin manchmal sehr plakativ und bezieht sich auf gesellschaftliche Klischees in Form von Fatshaming, Rollenbildern, Vorurteilen wer überhaupt in Knästen landet und das Benutzen von antiziganistischen Wörtern, die mir schwer aufgestossen sind. Auch die in der Buchempfehlung beschriebene Knastkritik, fiel für meinen Geschmack eher dünn aus. Trotzdem drückt da immer wieder Kritik am Justizsystem, an Knästen und der kapitalistischen Gesellschaft durch. Die ist zuweilen jedoch sehr subtil, so dass sie von unaufmerksamen Lesenden auch leicht überlesen werden kann.

Also doch nicht zu empfehlen? 
Nach diesen Abzügen bleibt es nach wie vor ein gutes Buch. Es ist wichtig, solche Geschichten zu erzählen, die Teil unserer Gesellschaft sind, aber stets unsichtbar, da hinter Gittern, bleiben. Deshalb: Ja! Unbedingt lesen! Und fehlerfreundlich sein, bei den Dingen, die einer*m aufstossen.