Bald, Bald ! findet das erste Feministische Streikkaffee statt, zusammen mit Lotte, der Kämpferischen Bibliothek. Am 28.8 treffen wir uns mit Musik, natürlich Kaffee und hoffentlich einem Mitbring-Buffet! Komm vorbei zum diskutieren, lesen, austauschen, kennenlernen, feministisch vernetzen!
28.08 von 11 – 15 Uhr in der Lotte Räzel, Horwerstrasse 14, 6005 Luzern
Das Streikkaffee findet ab der Eröffnung immer jeden letzten Samstag im Monat von 11-15 Uhr statt!
Schick diese Nachricht gerne weiter, und komm noch lieber vorbei!
Heute bekommst du gleich zwei Rezensionen zum selben Buch:
Kübra Gümüşay – Sprache und Sein
Hanser Verlag – 2020 – ISBN 978-3-446-26595-0
Dieses Buch ist Liebe (platter Satz, aber so fühlt es sich für mich an!). Danke Kübra Gümüşay, dass Sie diese Worte niedergeschrieben, dieses Buch und die Inhalte so wunderbar formuliert haben. Ich bin sprachlos.
«Wie können wir als Gesellschaft über unsere Probleme sprechen, ohne den Hass der Rechten zu nähren- respektvoll, wohlwollend, ohne Angst vor Fehlern? Wie können wir frei sprechen?»
Dies ist die Ankündigung, die auf der Rückseite des Buches zu lesen ist. Gümüşay widmet sich in 10 Kapiteln einzelnen Aspekten der Sprache, Analysen, Strategien der «Rechten» und dem Blick nach vorn. Dabei ist es so gut lesbar wie ein unterhaltsamer Sommerabendroman. Ich bin förmlich durch die nicht ganz 200 Seiten geflogen.
Was für ein tolles Buch, das eine so gute Gesellschaftsanalyse ist, dass ich es jeder*m zum Lesen in die Hand drücken möchte. Ja, das Buch wurde sehr gehypt- don`t trust the hype. Aber in diesem Fall – unbedingt dem Hype trauen! Es lohnt sich. Gümüşay schafft es, die schwierige Materie so gut und hoffnungsvoll zu analysieren und wiederzugeben, dass mir das Herz aufging beim Lesen.
«Denn für ein wirklich gemeinsames Nachdenken über unsere gemeinsame Zukunft braucht es vor allem das: Wohlwollen zwischen Menschen, die sich prinzipiell den gleichen Werten verschrieben haben. Kritisches Denken bedeutet nicht, sich über die Kritisierten zu erheben. Wer wohlwollend kritisiert, der öffnet seinem Gegenüber eine Tür, durch die er auf einen zugehen kann»
Unbedingt lesen, es ist eine grosse Freude!
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Wie können wir als Gesellschaft über unsere Probleme sprechen, ohne den Hass der Rechten zu nähren – respektvoll, wohlwollend, ohne Angst vor Fehlern?
Dieser Frage geht Kübra Gümüşay in ihrem Buch „Sprache und Sein“ nach. Sie schreibt von ihren persönlichen Erfahrungen in vier verschiedenen Sprachen zuhause zu sein und wie es sich anfühlt, wenn ein bestimmtes Wort nicht übersetzt werden kann, da es keine treffende Bezeichnung in der anderen Sprache gibt.
Sie beschreibt wer in der Gesellschaft die Benannten sind und wer die Macht hat eben diese zu benennen, wie sich das auf das Individuum und somit wieder auf die ganze Gesellschaft auswirkt. Gümüsay ruft dazu auf, als Angehörige*r einer Minderheit so zu sprechen als wäre mensch in der Mehrheit, aufzuhören ständig sich selber zu erklären, aufzuhören das Gefühl zu haben für die ganze Gemeinschaft der jeweiligen Minderheit sprechen zu müssen und anzufangen frei zu sprechen.
„Sprache und Sein“ ist gut zugänglich geschrieben, unterhaltsam und voller spannender Gedankengänge der Autorin. Obwohl ein Sachbuch, schafft es die Autorin durch ihre Sprache und die vielen persönlichen Beispiele, auch nicht eine Zeile lang das Gefühl von trockener, staubiger Theorie aufkommen zu lassen. Wirklich sehr empfehlenswert.
Der* Autor*in ist ein sehr beeindruckendes Buch gelungen. In seiner Sprache schafft der Roman es, eintauchen in das Lebensgefühl eines Menschen der zerrissen ist zwischen Lebenswelten in Europa und der Heimat des Vaters in den kurdischen Gebieten von Syrien, in die die Protagonist*in jeden Sommer in ihrer Kindheit reist. In das Dorf der Grossmutter, mit all den Sehnsuchtsorten, -gefühlen und -menschen, sowie der Geschichte von Unterdrückung und Vertreibung der êzîdîschen Bevölkerung, zu denen sich die Protagonist*in nie richtig zugehörig gefühlt hat – oder eben gerade doch. In ihrer* klaren und gleichzeitig sehr bildhaften Sprache schafft es die* Autor*in die Leser*innen in den Bann zu ziehen, auf dem Weg der Protagonist*in von den Sommeraufenthalten als Kind, dem Aufbruch in der Jugend und dem Infragestellen von Zugehörigkeiten.
So gut nachvollziehbar wird das pubertäre Empfinden der Protagonist*in in der deutschen Provinz mit ihrem* Versuch der Distanzierung von ihrer* êzîdîschen Herkunft mit der sie ständig durch den Vater, der stundenlang das kurdische Fernsehen verfolgt, konfrontiert wird. Und gleichsam folgt ein Aufatmen mit der weiteren Entwicklung der Protagonist*in, welches durch die Geschehnisse im syrischen Bürgerkrieg ausgelöst wird und dem sich die Protagonst*in nicht weiter entziehen kann, da es sie unmittelbar berührt. Nicht mehr nachvollziehbar wird das Desinteresse ihrer deutschen Freund*innen und immer mehr entzieht sich ihr* Zugehörigkeitsgefühl zu dem von haltlosen Belangen geprägten Leben ihres Freund*innenkreises mit den daraus folgenden notwendigen und im Roman so eindrücklich erschlossenen Konsequenzen.
Der* Autor*in ist zweifellos ein sehr grosser Wurf gelungen und ich wünsche mir dass alle Menschen in der europäischen Komfortzonen diesen Roman lesen!
Das neueste Buch von Mithu Sanyal haben wir auch in der Lotte. Und wenn du uns eins ihrer älteren Bücher („Vergewaltigung“ und „Vulva“) spenden möchtest freuen wir uns sehr!!!
Sogenannte „soziale Randgruppen“ sind immer wieder und aktuell wieder verstärkt im Fokus rechts-/liberaler Politik und Meinungsbildung. Dem entgegen ist das Buch ein bereichernder Beitrag der Bewusst-Werdung und Bewusst-Erhaltung wie Ausgrenzung und Marginalisierung im Sozial- und Gesundheitssystem zu gravierenden Auswirkungen für die als „asozial“ gelabelten Menschen führt. Dafür schafft das Buch einen detaillierten und gut verständlichen Einblick in das brutale und mörderische System vor, zu und nach NS-Zeiten anhand der Vefolgung von Frauen, die als „asozial“ gelabelt wurden. Anhand der Verflechtungen von stereotypen und pauschalisierenden Verurteilungen, die sich an konstruierten Gesellschaftsvorstellungen und -normen orientieren, zeigen die* Autor*innen deutlich wie daraus jahrzehntelange Institutionalisierung mit Freiheitsentzug, Folter und zwangsmedizinischen Massnahmen entstehen kann die mit Deportation und Mord enden kann, bzw. sich über die NS-Zeit für die betroffenen Menschen fortschreiben kann. Dass diese Geschichte nicht überwunden ist wird anhand aktueller Entwicklungen deutlich. Von daher ist es lohnenswert das Buch zur Hand zu nehmen und für gesellschaftliche Zustände der Ausgrenzung und Pathologisierung wachsam zu bleiben. Für alle interessierten Leser*innen ist es wichtig zu wissen, dass das Buch ganz klar aus der Forschung und Wissenschaft heraus geschrieben ist, d.h. es liest sich nicht einfach so weg, bietet aber wichtige Zeitzeug*innenbezüge und schafft dadurch einen sehr wichtigen Beitrag.
In der aktuellen Ausgabe des null41 ist die Lotte auf einer ganzen Seite vertreten und gibt dir ein paar Tipps, was du unbedingt lesen solltest diesen Sommer (oder danach;) Danke ans null41 fürs an-die-Lotte-denken! Yeah!
Mit Andrea Maihofer Philosophin und Soziolgin mit Schwerpunkt kritische Gesellschaftstheorie und Geschlechterforschung
In diesem Vortrag kannst du die Zusammenhänge zwischen Männlichkeit und Rechtspopulismus genauer kennenlernen. Andrea Maihofer hat die Geschlechterforschung in der Schweiz massgeblich mitaufgebaut und wichtige Beiträge zum Verständnis von Geschlechtervorstellungen in rechtspopulistischen Kontexten geleistet. Anschliessend zum Vortrag wird es Raum für Diskussionen geben.
Lass dir die Möglichkeit nicht entgehen, einen Einblick in das Feld der Männlichkeitsforschung zu kriegen, und dieses brennend wichtige Thema mit einer klugen Denkerin zu diskutieren.
Der Vortrag findet im Rahmen des Crowdfunding-Projektes #baselnazifrei statt und wird vom LOTTE Bibliothekskollektiv
veranstaltet. Ende 2018 haben 2000 mutige Menschen eine Nazidemo in Basel blockiert. Nun hagelt es Repression bis hin zu Haftstrafen. Unsere Solidarität ist gefragt. 4ever Antifa.
Und hier ist die Nr. 9! Diese Woche bekommst Du gleich drei Rezensionen. Ein Buch – drei verschiedene Stimmen dazu. Um Dir danach auch selber eine Meinung zu bilden, komm in der Lotte vorbei und leih es aus.
mawil. Kinderland – Eine Kindheit im Schatten der Mauer. reprodukt 2014 ISBN 978-3-943143-90-4
Ein Comic, das den Alltag von Mirco erzählt. Eine Kindheit (oder fast schon Jugend?) in Berlin- dem Ostteil der Stadt- im Jahre 1989. Völlig unaufgeregt ist es eine Innenansicht der DDR, der pyramidenförmigen Milchtüten, der FDJ- Hemden und Pioniershalstüchern. Es geht um die wöchentlichen Sirenen, um die Kirche und um PingPong, immer wieder PingPong. Es ist eine Alltagsgeschichte, die erfrischend leicht ist und eine*n immer wieder zum Schmunzeln bringt. Dabei ist der Zeichenstil von mawil bunt und unterhaltsam und lädt zum genauen Hinschauen ein. Und „Mürgo“ ist einfach wunderschön gezeichnet!Es ist ein unterhaltsames Buch für junge (und auch ältere) Menschen, die einen kleinen Einblick ins Leben eines Jungen aus der DDR werfen wollen. Das angehängte kleine DDR- Glossar hilft bestimmte Dinge aus dem Comic zu verstehen. Oder hättest Du gewusst was „die Firma“ ist?
*** Ostberlin im Sommer 1989: Der 7. Klässler Mirco Watzke muss sich mit allerlei Problemen rumschlagen. Die kleine Schwester nervt, aufgrund einer Strassenumleitung kommt er zu spät zur Schule, die älteren Mitschüler ärgern ihn und beim Pingpong Rundlauf fliegt er immer als erster raus. Zum Glück ist da der Neue aus der Parallelklasse, mit dem sich Mirco nach und nach anfreundet und zusammen erleben sie so einiges.Der Comic, der in den letzten Tagen der DDR spielt, dreht sich oft um Pingpong-Turniere auf dem Schulhausplatz. Auf den ersten Blick könnte die Geschichte an einem x-beliebigen Ort spielen. Doch immer wieder, fast beiläufig, sind da Hinweise auf die DDR und ihr nahendes Ende. Seien es die Eltern, die sich abends tuschelnd über „Auswanderungen“ unterhalten oder die Pionierleiterin Frau Krantz, die heimlich westdeutsche Magazine liest. Im Glossar hinten im Buch sind die diversen DDR Begriffe einfach und verständlich erklärt. Kinderland ist eine gelungene „coming-of-age“ Geschichte, liest sich sehr leicht und eignet sich gut für einen Nachmittag auf dem Sofa. Der Comic ist auch als Lektüre für Jugendliche geeignet.
*** Ich als ostdeutsch sozialisierte Person konnte beim Lesen des Comics wieder eintauchen in das Lebensgefühl meiner DDR-Jahre mit all ihren Realitäten, Absurditäten, Trivialitäten und Dramatiken. Mawil ist in dem Comic in Form einer Coming-of-age-Story ein wunderbar vielschichtiges Abbild des Lebensgefühls der damaligen Zeit gelungen. Zwänge und Ausbruch in Jugend zwischen Freiheitssuche und -unterdrückung – Ping Pong und Fahnenapell, Völkerball und Mangelwarendealerei, Westfernsehen und Altpapiersammlung. Dabei musste ich sehr oft lachen, da Mawil einfach einen super-charmant-trockenen Humor hat – beim Schreiben wie Zeichnen.Und für alle nicht-„Ossis“ gibt’s ein super bebildertes Glossar im Anhang das alle Unklarheiten beseitigt.